Lassen wir uns mal darüber reden, was ein Hundetrainer und speziell ein Verhaltenstherapeut kann oder nicht kann.

Der Klassiker: Kunden kommen mit ihren Hunden zu mir, die vielleicht schon ein paar Jahre alt sind. Sie haben beispielsweise folgende Probleme:

• mein Hund bellt Besucher an und verhält sich mit fremden Menschen ganz unangebracht. Unser Besuch fühlt sich sehr unwohl mit unserem Hund.

• wir haben Probleme mit Hundebegegnungen. Diese laufen sehr unentspannt. Zeigen kann sich dies auf die unterschiedlichsten Arten.

• mein Hund zieht an der Leine. Ich kann ihn fast nicht halten.

• etc.

Zum einen KÖNNEN wir uns in einer Beratung euren Alltag anschauen. Ist der Hund im Gleichgewicht zwischen Ruhe und Aktivität? Wie sehen eure Aktivitäten aus? Hat er genügend Schlaf? Wie frisst der Hund? Wie ist euer Umgang mit der Leine.

Durch all diese Tools, kann ich einen Hund im Alltag gut managen.

UND wir dürfen einfach auch nicht ausser Acht lassen, dass noch einiges mehr eine Rolle spielt für das Verständnis fürs Verhalten des Hundes. So zum Beispiel die Rasse. Wird ein Herdenschutzhund glücklich als Stadthund in einer kleinen Mietwohnung ohne Garten? Wird der Terrier frei durch den Wald laufen können, ohne jagdliches Verhalten zu zeigen? Kann ich mit dem Shiba Inu Agility/Obedience oder andere bekannte Hundesportarten laufen und erwarten, dass dieser auf meine Kommandos stets direkt reagiert? Ist es für den Husky angenehm, wenn ich stets kleine Shoppingtouren durch die Stadt laufe, wo er nicht ziehen soll und wenig freien Bewegungsspielraum hat?

Sicher lassen sich nicht alle Rassen in eine Schublade stecken. Und dennoch dürfen wir dies nicht ganz ausser Acht lassen.

Liebe Menschen lasst euch gesagt sein, überlegt doch bei der Rassewahl nicht NUR welcher Hund euch optisch zusagt oder aus der persönlichen Perspektive cool ist. Überlegt euch viel mehr: wie sieht denn mein Alltag aus? Was habe ich für Möglichkeiten und was wünsche ich mir in der Beziehung zu meinem Hund?

Ebenfalls darf erwähnt werden, dass es auch charakterliche Eigenschaften gibt, welche Hunde aufweisen, die in meinen Augen einfach nicht wegtrainiert gehören. Ich persönlich habe 2 Australian Sheperds, die sehr unterschiedlich sind. Ich werde aus meiner Hündin verhaltenstechnisch nie meinen Rüden machen und umgekehrt (dies ist hier nicht aufs Geschlecht bezogen, sondern auf ihre Charaktereigenschaften). Jetzt könnte ich mir daran die Zähne ausbeissen. All meine Tools auspacken, die ich im Rahmen meiner Ausbildung gelernt habe. Ich bin überzeugt am Ende des Tages würden wir alle viel Frust erleben.

Umso klarer ist für mich: JEDER Hund ist individuell. Und nur weil der Hund vor 5 Jahren sich auf eine Art verhalten hat, ist dies überhaupt kein Garant dafür, dass der nächste wieder gleich sein wird. Meine Erfahrung zeigt mir eher das Gegenteil :-)

Auch wir Menschen sind total verschieden. Und gehören doch derselben Spezies an. Also lasst uns Verständnis entwickeln für das Individuum, managen lernen anstatt zu trainieren und einfach gemeinsam zu LEBEN mit unseren Hunden. Das macht übrigens auch viel mehr Spass.