Hundeschule

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Bestrafen/massregeln und was ich davon halte?

Es ist immer wieder ein heiss diskutiertes Thema in der Hundeszene: wie und ich welchem Ausmass massregle ich meinen Hund, wenn er etwas tut, dass ich nicht möchte? Oder tue ich das überhaupt? Bin ich sogenannt “anti-autoritär” wenn ich es nicht tue?Genau auf diese Fragen würde ich gern eingehen:

Um mal direkt Klartext zu sprechen. Anti-autoritär bedeutet, dass ich meinem Hund KEINE Grenzen setze. Das er machen darf was er will und das am besten 24/7. Leute mal ehrlich: das ist doch nur schon gar nicht möglich! Wir leben in einer Mensch geprägten Gesellschaft, es herrscht teilweise Leinenpflicht, manchmal sogar Maulkorbpflicht. Da sind wir also per se schon mal ganz weit weg von anti-autoritär! Und: ich kann übrigens auch Grenzen setzen OHNE direkt körperlich mit meinem Hund zu werden ;-) Jawohl das geht :-)

Gut, da wir das nun geklärt haben, dass auch ich als positiv agierende Trainerin nicht anti-autoritär arbeite, kommen wir zum nächsten Punkt: ob und wie überhaupt massregle ich meinen Hund?!

Nehmen wir mal ein Beispiel: Du hast einen Garten und dein Hund bellt ständig, wenn auf der anderen Seite des Zaunes Menschen vorbei laufen. Rufen bringt nix, Leckerchen nimmt er dann auch keine mehr und für dich interessieren tut sich dein Hund in diesem Moment schon gar nicht. Jetzt könnte der ein oder andere auf die Idee kommen: wir spritzen den mal ordentlich mit Wasser nass. So dass es für den Hund unangenehm wird, am Gartenzaun zu bellen und er es dann hoffentlich lässt.

Da haben wirs schon. Wo fängt denn körperlich eingreifen überhaupt an? Erst wenn ich meinem Hund die Bratpfanne über den Kopf ziehe oder schon beim Wasser anspritzen. Da gehen die Meinungen sicher seeeehr weit auseinander!

Nun mal zur Erklärung: wenn du sagts jawoll, Wasser anspritzen klingt nach nem guten Plan. Denn mein Hund soll lernen was ok ist und was nicht und das darf er dann ruhig mal spüren. Hier 3 Problematiken (übrigens bei ALLEN aversiven Massnahmen anwendbar):

  1. Du MUSST es konsequent tun. Das heisst IMMER, wenn dein Hund vorbeilaufende Menschen anbellt, musst du ihn mit Wasser anspritzen. Auch, wenn du ihn nur kurz fürs Geschäft rausgelassen hast, dir selbst grad noch die Schuhe anziehst, Baby Brei kochst, auf dem Klo sitzt oder alle anderen möglichen Szenarien, die du dir hier ausdenken kannst. Ich meine wirklich IMMER! Das heisst, dein Hund ist KEINE SEKUNDE allein im Garten!

  2. Du solltest mit einer Intensität handeln, die für deinen Hund gleichwertig oder höher ist, gegenüber dem Trigger, der jetzt da aussen am Gartenzaun vorbei läuft. Also nehmen wir mal an, der vorbeilaufende Mensch am Gartenzaun ist für deinen Hund eine 6 von 10. Und entsprechend heftig reagiert er auch. Dann solltest du mit mindestens einer Intensität von 6 oder höher handeln. Und da fängts meistens schon an. Willst du das? Willst du mit einer dermassen hohen Intensität deinen Hund massregeln? Frag dich das mal wirklich.

    —> und nur schon bei den ersten 2 Punkten hier sage ich offen und ehrlich: ICH BIN RAUS! Mit mir wirst du keine aversiven/massregelnden Konsequenzen lernen!

  3. Die Emotion (also das warum) deines Hundes wirst du trotz konsequenter Durchführung von 1&2 nicht ändern. Und um genau diesen Punkt geht es MIR! WARUM verbellt denn dein Hund am Gartenzaun vorbeilaufende Menschen? Nehmen wir jetzt mal ganz einfach an (um beispielhaft zu bleiben. und genau das ist dieser Post: ein BEISPIEL!!) dein Hund bellt weil er dir sagen möchte: Alarm Alarm, Eindringling in Sicht. Denn auch wenn das für dich selbstverständlich ist, ist für deinen Hund überhaupt nicht klar, dass um euer Grundstück ein Zaun ist. Und auf der anderen Seite dieses Zaunes endet tatsächlich euer Besitzrecht. Das ist uns Menschen absolut logisch. Für den Hund aber nicht. Ob aussen am Zaun hin oder her: der befindet sich in meinem Revier und der soll weg. Das ist das Ziel, welches ja in der Regel auch funktioniert: die Menschen aussen laufen weiter, laufen weg: Ziel erreicht. Denkt sich Hund und legt sich wieder hin. Bis zum nächsten Besucher.

    Bei Punkt 3 möchte ich sogar noch etwas anfügen: in diesem Beispiel möchte der Hund sagen: Alarm Alarm, Eindringling. Im Garten des Menschen ist das lästig und unerwünscht und der Mensch möchte dies gern weghaben. ABER: jetzt stell dir mal (wieder beispielhaft!!) eine andere Situation vor: du hast einen etwas grösseren Hund, läufst im Winter abends 20:00 noch die letzte Pipi-Runde. Es ist stockdunkel und immer ein kleines Stück des Weges für durch eine unbeleuchtete Stelle. Es kommt dir eine gross gewachsene Gestalt entgegen. Diese Gestalt macht nicht mal Anzeichen, auf dich zuzukommen. Trotzdem wird dir unwohl. Dein Hund bellt. Er stellt sich schützend vor dich und bellt diese Gesalt an. Die Gestalt läuft weiter, läuft weg… Soll ich dir was sagen?! Für dich mag das klingen nach: ja dann ist das auch ok. Dann möchte ich auch dass mein Hund mich beschützt. Für deinen Hund ists doch aber genau dasselbe: Alarm, Alarm, Eindringling, geh weg! Und nur schon dies ist das beste Beispiel dafür, dass wir Menschen viel zu inkonsequent sind. Für UNS ist die Situation anders. Für deinen Hund aber nicht!

    Also doch auch ganz logisch: ICH/DU Mensch darfst vorher handeln! Darfst vorher Management betreiben, bevor dein Hund reagiert um diese Kette aus Bellen, Menschen laufen weiter, laufen weg, Ziel erreicht zu unterbrechen. DU Mensch darfst dieses Thema durchbrechen. Aber eben nicht den Hund erst reagieren lassen und dann bestrafen. Nein, gerne vorher bereits ins Handeln kommen! Wie genau ist super individuell und muss immer 1:1 angeschaut werden. Einer der Gründe, warum ICH vor allem 1:1 Stunden gebe:-)

    Findest du dich in diesem Post wieder? Bist du anderer Meinung? Lasst es mich gerne wissen.